«Als Kind faszinierten mich die Sterne»
Interview in der Tageszeitung zur “Swiss Air Force Competition” in Emmen
Grösste Flugshow der Schweiz.
Fragen: Anton A. Oetterli
Bruno Stanek, grossen Bekanntheitsgrad haben sie sich erworben, als sie von 1968 bis in die jüngere Zeit am Schweizer Fernsehen über alle wichtigen Weltraumexpeditionen berichteten. Wurde Ihnen das Interesse an der Raumfahrt schon in die Wiege gelegt?
Vielleicht, mein Bruder hat ja auch als Astrophysiker promoviert. Meine Faszination begann schon als Kind mit dem Sternenhimmel und als Vierzehnjähriger mit dem Raumfahrtzeitalter, dann via Mathematik und Himmelsmechanik.
Sie kennen praktisch alle Raumfahrtzentren der USA. Haben Sie nie Lust verspürt, selbst eine Raumfahrt anzutreten?
Ich wählte die umgekehrte Reihenfolge: erst Hals- und Beinbruch und ein Jahr im Spital, dann noch grösseres Raumfahrtinteresse… Spass beiseite – so blieb ich jedenfalls bei meinen geistigen Reisen von Frustration verschont. Es würde mich ehrlich interessieren, welche Antwort Wernher von Braun heute auf Ihre Frage geben würde!
Satelliten in Erdumlaufbahnen bringen einen kommerziellen oder wissenschaftlichen Nutzen? Doch warum soll der Mensch die Oberfläche des Mars erkunden, wenn es doch auf der Erde noch so viele Probleme zu lösen gibt?
Gerade weil der Mensch seit 1957 ins All vorgestossen ist, haben wir plötzlich auch auf der Erde so rasche Fortschritte gemacht, bemerkte schon damals Winston Churchill! Ein zweiter Planet ist ausserdem die beste Lebensversicherung. Mein Raumfahrtlexikon auf DVD enthält ein weltweit einmaliges Stichwort “Nutzen der Raumfahrt”, mit dem sich schon einige Schüler bei Vorträgen eine Sechs geholt haben. Dort steht auch, dass jeder in die Raumfahrt investierte Dollar (oder Euro) das Bruttosozialprodukt des betreffenden Landes um durchschnittlich vier Währungseinheiten vermehrt hat. Die momentane Stagnation bei der bemannten Raumfahrt hat ihren Grund in der Sackgasse, in die Russlands “Raumstations-Fixation” nach dem verlorenen Rennen zum Mond und der Verzicht auf nukleare Antriebe hineingeführt haben. Die NASA hat das Problem erkannt und erste Weichenstellungen getätigt.
Bestimmt haben Sie bei Ihrer Tätigkeit viele interessante Menschen kennen gelernt. Welches war Ihre eindrücklichste Begegnung?
Mit Wernher von Braun, 1971 im Luzerner Verkehrshaus. Er konnte im Sekundenabstand “Kilovoltfragen” und “Millivoltfragen” mit gleichem Sachverstand, Weitblick und gleicher Höflichkeit beantworten, und seine Aussagen hatten immer die längste Halbwertszeit. Natürlich stehe ich auch vielen der rund 80 Astronauten und Kosmonauten, die ich schon persönlich kennenlernen durfte, mit grosser Bewunderung gegenüber. Ihr Beruf hat äusserst vielseitige und abgerundete Persönlichkeiten geschaffen – man erlebt das z.B. auch bei jeder Begegnung mit Claude Nicollier.
Das Weltall ist unermesslich gross. Glauben Sie, dass irgendwo Leben anzutreffen ist?
Glauben schon, aber je länger ich mich mit der Frage auseinandersetze und je mehr Fakten auf dem Tisch liegen, desto mehr neige ich zum “Verdacht”, dass wir trotz dem immensen, aber vielerorts lebensfeindlichen Universum und einer Kaskade weiterer Gründe durchaus auch allein sein könnten. Das wäre genau so spannend: alles gehörte dann uns! Ihre Frage ist offen, aber in den nächsten Jahrzehnten werden wir einer Antwort sehr viel näher kommen. Schon heute enthält mein Planetenlexikon auf DVD viele Stichwörter zu genau diesem Thema.
Bruno Stanek
wurde 1943 in Rorschach geboren. Nach dem Mathematikstudium an der ETH arbeitete er als Assistent am Institut für Angewandte Mathematik und promovierte 1971 zum Dr. sc. math. Schon früh veröffentlichte er Bücher zur Raumfahrt, hielt unzählige Vorträge und dozierte zwei Jahre an der HTL Brugg über Mathematik, Physik und EDV. Ab 1980 wurde er definitiv selbständig und produzierte Software für die Ärzteadministration und pflegte weiterhin Datenbanken und Simulatoren zur Unterstützung der publizistischen Tätigkeit auf dem Gebiet von Astronomie und Raumfahrt auf. Für ihn das Fundament seiner heutigen multimedialen Publikationen. Seit 1997 gibt er im eigenen Verlag auf CD/DVD-ROM ein Raumfahrt- und ein Planetenlexikon heraus. Viele weitere Angaben dazu sind im Internet unter www.Stanek.ch zu finden.