Bote der Urschweiz – Forum Frühjahr 2010

Der ganze Wahnsinn

Man mag es dem Finanzminister gönnen, wenn er einmal schwarze Zahlen verbuchen kann. Erfolgsmeldungen sind heute zwar, wie alles, konstruierbar. Obwohl uns das Ausland die Lizenz zur Finanzpiraterie nach einem mehr als guten Jahrhundert aufgekündet hat, das Steueraufkommen um Milliarden geschrumpft ist und «dem Staat» immer neue Sozialleistungen aufgebürdet werden – so einfach ein unerwartetes Plus von 2.7 Milliarden vorzuweisen, ist doch wirklich eine Kunst! Man «investiert» 7 Milliarden in die Stützung maroder Hypotheken per Wandelanleihe, «verkauft» sie dann wieder und schon verbucht man den gleichen Betrag im Budget positiv!

Uns wundert längst nichts mehr. Wir wissen dieser Tage natürlich wieder viel besser als die reichen Nachbarn der armen französischen Altlast Haiti, wie man binnen Stunden und Tagen den Hunderttausend Opfern, Verwundeten und Verschütteten einer in der Schweiz unvorstellbaren Erdbebenkatastrophe hilft. Da kommt von der anderen Seite der Insel ein Flugzeugträger mit einem Geschwader von Helikoptern, Begleitschiffen und medizinischem Personal sowie Luftwaffenspezialisten, die nicht zum ersten Mal innert kürzester Zeit einen kaputten und chaotischen Flughafen wieder zum laufen bringen. Ausser dem Vorwurf von «überstürzter Hilfe» haben wir auf der anderen Seite des Atlantiks so lange nichts beizutragen, bis auch bei uns die Hilfe angelaufen ist. Komisch nur, dass der Löwenanteil an personeller Hilfe wieder einmal von den ständig gegeisselten vier Prozent der Weltbevölkerung gespendet wird und der Rest von den übrigen 96 Prozent. Die reichen Ölstaaten darf man ja nicht zählen – deren religiöses Selbstverständnis ist bekanntlich sehr empfindlich.

Die Medien sorgen auch hier dafür, dass die Missverhältnisse nicht allzu deutlich werden. Wer drei Helikopter schickt, hat doch gleiches Anrecht wie einer mit 100, in den TV-Nachrichten zu Ehren zu kommen, und man muss ja nicht immer Getreidesäcke mit den phantasielosen gleichen drei Buchstaben zeigen. Man berichtet doch besser noch tagelang von der ausgerechnet religiösen Organisation, welche illegal unter Umgehung der Frist zur Gewährung von Ausreisevisa, Waisenkinder ausser Landes schaffen wollte. Vielleicht wirklich auf krummen Wegen, aber dann soll man die Art der Organisation klar nennen und nicht nur deren Herkunftsnation USA.

Bei uns hatte man schliesslich andere Sorgen. Wie verteilt man viel zu teuer und in zu grosser Zahl eingekaufte Impfdosen für eine Pandemie, die es gemäss Fachleuten und bald auch gemäss jedem Beobachter gar nie gab? Oder denken Sie an den Vorfall mit dem vereitelten Terroranschlag bei der Landung eines Flugzeuges in Detroit! Jetzt soll man doch «unerwünschte» Body-Scanner auch auf europäischen Flughäfen einführen! Moment: Wie war das genau im Rückblick?

Zum wiederholten Mal liessen europäische Nationen an ihren Flughäfen Terroristen einchecken oder durchchecken bis in die USA. Diesmal ein nigerianischer Student, im Jemen ausgebildet, seinem Vater bereits als missraten aufgefallen, den Behörden gemeldet und daher in den USA bereits registriert und schon nach dem Abflug in Lagos aktenkundig. Eigentlich hätte er bereits in Amsterdam ins Netz gehen müssen, aber die kleine Menge hochexplosiven Sprengstoffes am Bein wurde dort leider «übersehen». Ausbaden mussten das «Missgeschick» ein paar geistesgegenwärtige Passagiere, welche den Mann im letzten Moment «mit grober Gewalt» daran hinderten, die Ladung zu zünden.

In der Presse tönte es freilich ganz anders: die USA hätten im Kampf gegen den Terrorismus «kläglich versagt». Kaum hatte man dort aber rasch und effizient neue Massnahmen ergriffen, von der Forderung nach Body-Scannern auch an ausländischen Verbindungsflughäfen bis zum Verbot gewisser Gegenstände oder Prozeduren an Bord, dann machte sich dieses Europa schon wieder lustig über den Verfolgungswahn der Amerikaner, die am liebsten überall eigenes Check-In-Personal an den Gates ihrer Airlines hätten! Dann endlich schafft man auch bei uns mit Verspätung selber Body-Scanner an.

Technisch Unkundige bilden zwar weltweit eine erdrückende Mehrheit, aber diese kommt gelegentlich an eigene Grenzen. Schon immer seit Beginn des Raumfahrtzeitalters war dies auffällig, wenn mit «irdischen» Reportern versucht wurde, über Ausserirdisches zu berichten. Kaum anders bei schwierigen irdischen Themen. Man kann zwar den Ausstieg aus der Kernenergie triumphal beschliessen, die Abschaltung der Kraftwerke dann aber wegen augenblicklicher Stunde der Wahrheit nicht durchführen. Auch war es in der Region Basel ein Leichtes, Vorschusslorbeeren an die Geothermie zu verteilen und ausländische Politiker sowie ein Minimum an warnenden Experten einzuladen. Schwieriger war es dann, schadensreiche lokale Erdbeben schon während der Bohr- und Testphase zu übersehen.

Albert Einstein sagte einmal, ihn würden weniger die wissenschaftlichen Erkenntnisse selber wundern als vielmehr die abenteuerlichen Umwege, auf denen sie der Mensch entdecken würde. Er ist zwei Jahre vor dem Beginn des Weltraumzeitalters gestorben, also musste ihm noch verborgen bleiben, welch wunderschönes Beispiel die Erforschung des Alls für seine These dereinst bieten würde. Hier das Jüngste: Seit 2004 arbeitete man bei der NASA an der Wiederaufnahme von Mondflügen nach 50 Jahren, dank dem Fortschritt und der grossen Erfahrung im Rahmen des seit Jahren ziemlich konstanten Budgets. Gleichzeitig wäre damit ein robustes Transportmittel für Flüge zur Raumstation nach der Ausserbetriebnahme der 30jährigen Space Shuttles entstanden.

Das NASA-Budget 2010 wuchs zwar um rund 10 Prozent, aber der neue Präsident liess sich von Lobbyisten dazu verführen, das Mondprogramm «aus Kostengründen» zu streichen, sechs Jahre Arbeit und Tausende Arbeitsplätze zu vernichten und die Mittel stattdessen auf mehrere private Entwickler zu verteilen. Diese hatten bisher im Raketengeschäft vor allem teure Flops produziert oder verfügten über gar keine Erfahrung. Der von Obama eingesetzte, ebenfalls schwarze, NASA-Chef wurde in der Folge von seinen leitenden Ingenieuren mit den Fakten des für das Land katastrophalen Entscheides konfrontiert. In einer von viel Kopfschütteln begleiteten Pressekonferenz musste er einräumen, nicht auf die Fachleute gehört und einen grossen Fehler mitgemacht zu haben. Bis im Herbst wird nun der US-Kongress versuchen, einen Budgetposten nach dem anderen rückgängig zu machen. Weder Albert Einstein noch Wernher von Braun würden sich wundern.

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