Bote der Urschweiz – Forum Herbst 2004

Ein gut gemeintes Wort an Rechtsextreme

Wenn man hört von Schlägertrupps aus heiterem Himmel, dann wird man auch mit über 60 Jahren unweigerlich an allerlei gemeingefährlichen Unfug in der Jugend erinnert, selbst wenn man nicht gerade zu den Béliers im Jura gehörte. In dieser Sicht war ich eine Art frühreif und habe es trotzdem knapp überlebt, um dann als bereits geläuterter 25jähriger die sogenannte 68er-Generation ziemlich distanziert zu erleben. Als scheinbarer “Musterstudent” und sogar besonders exponiert. Damals agierte ich nämlich neben der Stelle als ETH-Assistent auch als ein von unüblicherweise allen Generationen akzeptierter Kommentator der beginnenden Mondflüge am Schweizer Fernsehen.

Es war für ziemlich die ganze Welt eine etwas verrückte und negativ belastete Zeit, dieses 1968. Die Kommunisten in Vietnam hatten bei der Tet-Offensive gerade 5000 Menschen an etwa zwei Tagen in den Tod geschickt und sich damit gemäss “progressiver” Meinung die Sympathie aller Friedliebenden erobert, Robert Kennedy und der Bürgerrechtler Martin Luther King waren beide 1968 ermordet worden, schwarze Sportler erhoben die Fäuste an der Olympiade in Mexiko und die Sowjetunion erstickte die Demokratiebewegung in der Tschechoslovakei auch ohne Uno-Mandat – und für 20 Jahre scheinbar folgenlos. Weltweit kämpfte die militantere Studentenschaft für die Förderung solcher Systeme und für die Legalisierung des Neides schlechthin. Ich wurde damals geistig zum Gegenrevoluzzer und war für viele TV-Zuschauer zugleich ein schwacher Trost in der wirklich verrückten Zeit, als bis zum abrupten Ende der Hochkonjunktur 1972 z.B. bei damals noch halbem Strassenverkehr dreimal mehr Menschen pro Jahr bei Unfällen ums Leben kamen als heute! Es wäre äusserst lehrreich, wenn sich alle Generationen nochmals an jene Zeit erinnern könnten.

Definitionsgemäss war jemand als Gegner der extremen Linken schon damals automatisch ein “Rechtsextremer”, obwohl er alles andere als “einschlägig” in Erscheinung trat und politisch durchaus in der Mitte anzusiedeln war. Damals wie heute war Platz für Aktivisten mit dem Mut, normal zu bleiben und die Zivilisation fern der veröffentlichten Meinung aufwärts statt abwärts zu lenken. Konkret: zur Anwendung von Wissenschaft und Technik statt zur Nichtanwendung, zur Lösung statt zur Schaffung von Problemen oder zum Optimismus statt zum Pessimismus. Vorbildlich drogenfrei mit unmissverständlichem Hinweis auf die Inkonsequenz der dekadenten Legalisierer, welche anderseits giftigstes Kraut aller Art einziehen und dieses selbst dem harmlosesten Genmais vorziehen. So inkonsequent, dass man wirklich annehmen muss, sie seien schon mehr als nur bekifft.

Warum nur gibt sich das andere Ende des politischen Spektrums nicht z.B. vorbildlich hilfsbereit, wie die kräftigen Harley-Davidson-Fahrer, welche jährlich vielen Behinderten zu ein paar unvergesslichen Stunden an zügiger Luft verhelfen? Vorbildlich sauber gekleidet im (noch) reichsten und trotzdem wohlstandsverwahrlostesten Land weitherum – und damit auf der Welt recht schnell positiv auffallend? Vorbildlich konsequent jeden modemässig verordneten Schwachsinn verweigernd und sich Freunde über alle Generationen hinweg schaffend? Vorbildlich darauf bedacht, sich vor faulen Eiern in den eigenen Reihen zu distanzieren? Stattdessen hat es das ungelobte Extrem am Gegenpol zur kollektiven Unvernunft fertig gebracht, sich zum Sündenbock der Welt definieren zu lassen, in der Presse einseitig gegeisselte Eigengoals zu schiessen (schiessen zu lassen?) und damit der “Konkurrenz” die Demontage der Zivilisation zu erleichtern?

Mein Tipp: Respekt und Anerkennung lassen sich vor allem ohne missbrauchte Baseballschläger erwerben. Als junger Mensch sogar leichter denn als alter, wie ich seit 1968 beobachte, obwohl ich schon damals ständig das Gegenteil gelesen habe.

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