Mit Sicherheit ist weder zu spassen noch zu politisieren
Nicht viele Jahrzehnte ist es her, dass sich die Menschen vor einem Atomkrieg fürchteten, weil es nur den Druck auf den falschen Knopf brauche, wie es hiess. Vieles hat sich seither geändert. Die Sowjetunion, die damals ungeniert das grösste Arsenal an Atomwaffen aufbauen konnte, ist zerfallen. Eine ganze Reihe ihrer Fachleute ist inzwischen in die USA ausgewandert und lieferte wichtige Hinweise auf die Gefahr, dass Massenvernichtungswaffen tatsächlich in die falschen Hände gelangen könnten. Dies z.B. in ihren traditionell “instabilen” Kaukasusrepubliken, aber auch “Gottesstaaten”, wo Prognosenvollstrecker immer bereit sind, ihren Endzeitphantasien mit Gewalt zum Durchbruch zu verhelfen. Europäische Staaten und Medien taten allzu lange weniger als gar nichts gegen diese Art von Dekandenz, indem sie Iran, Irak, Libyen, Pakistan oder Nordkorea weiterhin mit Hochtechnologie u.a. zum Bau von Atomwaffen belieferten, als hätten sie gar nichts gemerkt.
Im Jahre 1981 schrieb der Weltraum-Avantgardist Gerard K. O’Neill das Buch “2081″. Ausser vielen erfreulichen Prognosen nannte er eine eher makabre, unten auf der Erde und völlig unabhängig von der Erweiterung unseres Lebensraumes ins All. “Nukes” würden dannzumal leider in unordentlichen Ländern platzen, während die Eindämmung dieser Gefahr auch in den Industrieländern zu einer einschneidenden Überwachung und Kontrolle des Bürgers geführt haben werde. Begonnen hätte diese Entwicklung nach der bitteren Erfahrung, dass früher oder später einmal ein “Weltverbesserer” eine Atomwaffe zu terroristischen Zwecken missbraucht und die Zivilisation zwar nicht beendet, aber in eine merklich andere Richtung gelenkt habe.
Wohlgemerkt: das Buch wurde 1981 geschrieben, also 20 Jahre vor dem 9.11.2001. Hoffen wir, der Autor bekomme mit seiner Prognose nicht so Recht wie mit seinen vollautomatischen Fabriken, der Gentechnologie oder der Voraussicht, dass eher die Dulder-Länder des Terrorismus selber unter diesem würden leiden müssen. Eigentlich ist es ja nicht neu, dass eine Revolution langfristig ihre eigenen Kinder frisst. Eigenartig ist eher, dass ausgerechnet Europa, das im 20. Jahrhundert teuer für die Verharmlosung von vorhersehbaren negativen Entwicklungen bezahlt hat, und Länder, welche derzeit am meisten unter solchen leiden, die Gefahren partout nicht sehen wollen. Daher wäre es hier besonders angezeigt, alles daran zu setzen, die fast unvorstellbare Eskalationsstufe auf “Nukes” für immer zu verhindern. Hinterher ist es zu spät, auch wenn sich dann alle Verharmloser nach der Zeit zuvor sehnen werden und fragen, weshalb denn niemand rechtzeitig etwas dagegen getan habe.
Natürlich hat man, aber ein Europa, das längst nur noch der Nabel, aber nicht mehr der Kopf der Welt ist, hat die Warner (selbst in den eigenen Reihen) bei jeder Gelegenheit sabotiert. Politik, Medien und sogar “Kultur” verschwenden derzeit scheinbar alle Energie darauf, keinen guten Faden an jenem Land zu lassen, in das seit einigen hundert Jahren ihre weitsichtigsten Bürger ausgewandert sind. Diese können sich am ehesten vorstellen, wo die Kräfte hinführen, welche sie oder ihre Vorfahren zum Exodus bewegt haben. Hoffen wir, dass nur ein paar kleine, noch verkraftbare, Unfälle die grosse Katastrophe verhindern können. Erst aus Fehlern wird man bekanntlich klug. Kleinere Schüsse vor den Bug haben einige Länder immerhin schon nachdenklich gemacht.
Die Schweiz ist noch nicht darunter. Unsere wandelnden Zeitbomben bewegen sich noch unterhalb der nuklearen Schwelle. Wenn wir die recht verwandten Fehler beim Strafvollzug nicht im Grossen wiederholen, dann haben wir vielleicht Glück. Auch in der Justiz musste die institutionalisierte Naivität erst unendliches Leid über Unschuldige bringen, bevor den Leuten die Augen aufgingen.